Aktive und ehemalige Fußballprofis sind gern gesehene Gäste an den Poker Tischen. Neymar, Piqué, Ronaldo Nazario und auch Max Kruse sind nur einige der Namen, die ihr Können nicht nur auf dem grünen Rasen, sondern auch auf dem grünen Filz unter Beweis gestellt haben. Vor allem Kruse überzeugte in den letzten Monaten mit ausgezeichneten Poker-Resultaten. Grund genug, um einen Blick auf die Pokerkarriere des ehemaligen deutschen Nationalspielers zu werfen.

Ein sportlicher Rückschlag sorgt für den Startschuss

Ehrgeiz, Willenskraft und Disziplin sind Tugenden, die nicht nur einen erfolgreichen Sportler auszeichnen. Auch ein professioneller Pokerspieler muss über diese Eigenschaften verfügen, um Erfolg zu haben. So ist es nicht überraschend, dass Max Kruse sowohl auf dem Fußballplatz sowie am Pokertisch Erfolge vorzuweisen hat.

Zum ersten Mal kam Kruse bereits in der Anfangszeit seiner Fußballerkarriere mit Poker in Berührung. Als 18-jähriger Jugendspieler von Werder Bremen lernte er das Spiel von Mannschaftskollegen kennen und war schon bald darauf fasziniert davon. Der richtige Startschuss erfolgte jedoch erst im Jahr 2014.

Zum damaligen Zeitpunkt stand der mittlerweile 34-Jährige bei Borussia Mönchengladbach unter Vertrag und spielte eine seiner besten Saisons in der Bundesliga. Eine Nominierung für die Weltmeisterschaft 2014 schien die logische Konsequenz, doch der damalige Bundestrainer Joachim Löw entschied sich gegen den gebürtigen Hamburger. Der große WM-Traum war geplatzt, aber aus pokertechnischer Sicht war es ein Glücksfall. 

Kruse nutzte die unfreiwillige Sommerpause für einen Trip nach Las Vegas. Während die deutsche Nationalmannschaft den vierten WM-Titel in Brasilien feierte, erzielte der Bundesligaprofi seinen ersten großen Score bei der World Series of Poker (WSOP).

Ein eintägiger Crashkurs reichte fast für das erste Bracelet

Bei seinem ersten Auftritt auf der weltgrößten Pokerbühne gelang Kruse beinahe der ganz große Wurf. Beim $ 1,500 No Limit 2-7 Draw Lowball (Event #36) belegte der Fußballprofi am Ende den dritten Platz und ließ unter anderem Pokergrößen wie Phil Hellmuth oder Brian Rast hinter sich. Das Besondere daran war, dass er sich das Spiel erst einen Tag zuvor von seinem Kumpel und mehrfachen Bracelet-Gewinner George Danzer erklären ließ. 

Das Pokerfieber hatte Kruse nun endgültig gepackt. In den Folgejahren war der 14-malige Nationalspieler jedes Jahr bei der WSOP in Las Vegas anzutreffen. Einem Bracelet zum Greifen nahe kam er aber erst 2017 wieder. Als er beim $ 1,500 Limit 2-7 Lowball Triple Draw (Event #28) den vierten Platz erzielte.

Neben seinen WSOP-Auftritten war Kruse unter anderem im Februar 2015 bei der TV Total Pokernacht mit dabei und setzte sich dort gegen andere prominente Pokerspieler durch. Das Preisgeld in Höhe von 50.000 € spendete der Fußballspieler anschließend für wohltätige Zwecke.

Der Mixed-Game-Spezialist auf Abwegen

Kruse begann seine Pokerkarriere hauptsächlich mit Varianten, die weitaus weniger populär als No Limit Hold’em oder Pot Limit Omaha sind. Die meisten seiner bislang erzielten WSOP-Cashes kamen in Draw-, Razz- und Mixed-Game-Varianten. Seinen Durchbruch in den Mainstream-Varianten des Pokers gelang 2020, als er bei der WSOP, die aufgrund der Corona-Pandemie online stattfand, bei gleich vier No Limit Hold’em Events die Geldränge für insgesamt knapp über 140.000 $ erreichte. Unter anderem wurde er fünfter bei der Heads Up Championship, die zu einem der prestigeträchtigsten Events der jährlichen WSOP gehört.

Fußballerische Talfahrt mit Happy End am Pokertisch

Nicht nur am Pokertisch schien es für Kruse rund zu laufen. Nach einem Jahr in der Türkei bei Fenerbahce Istanbul wechselte der kreative Mittelfeldspieler im Sommer 2020 zurück nach Deutschland zu Union Berlin. Im ersten Jahr bei den Eisernen wurde – auch dank der Leistungen von Kruse – die Europa Conference League erreicht. Die darauffolgende Spielzeit begann für den Vizemeister von 2008 ebenso erfolgreich und so folgte im Winter der Wechsel zum VfL Wolfsburg. 

Zum zweiten Mal war Kruse bei den Wölfen unter Vertrag, die sich zum damaligen Zeitpunkt im Abstiegskampf befanden. Mit dem ehemaligen deutschen Nationalspieler gelang der Klassenerhalt und zur neuen Saison sollte unter dem Ex-Bayerntrainer Niko Kovac wieder das Ziel, der europäische Fußball erreicht werden.

Die ersten Spieltage der diesjährigen Spielzeit liefen jedoch nicht wie erhofft und Kruse wurde nach Differenzen mit dem Trainer suspendiert. Die neu gewonnene Freizeit nutze der 34-Jährige, um an der WSOP Europe im Kings Casino in Rozvadov teilzunehmen – mit Erfolg!

Beim € 1,650 No Limit Hold'em - 6-Max erreichte Kruse nicht nur den Final Table, sondern sicherte sich in einem dramatischen Heads-Up mit Dorian Melchers sein erstes Bracelet und ein Preisgeld in Höhe von 134,152 €. Dabei war es die letzte Karte, die ehemaligen Bremer den Sieg schenkte. Der Fußballprofi war mit 22 gegen AQ von Melchers All-in. Der Flop brachte keine Veränderung, aber auf dem Turn kam die Dame und Melchers sah wie der fast sichere Sieger aus, bevor am River eine von zwei im Deck verbliebenen Zweiern aufgedeckt wurde. 

Rund anderthalb Wochen später wäre Kruse fast der nächste Coup gelungen. Beim Main-Event der deutschen Pokermeisterschaft erreichte er erneut das Heads-Up, musste sich aber dieses Mal dem Griechen Symeon Alexandridis geschlagen geben. Als „Trostpreis“ gab es jedoch ein Preisgeld in Höhe von 48.764 €.

Die Zukunft von Kruse: Mehr Poker, weniger Fußball?

Nach seinen zuletzt erzielten Erfolgen hat Kruse nun Live-Turniereinnahmen von insgesamt 346.021 $. Damit belegt er zum gegenwärtigen Zeitpunkt den 155. Rang in der deutschen All Time Money List. Seine Fußballschuhe möchte er dennoch nicht an den Nagel hängen. Gerade erst wurde der Vertrag mit Wolfsburg im beidseitigen Einverständnis inklusive Millionenabfindung aufgelöst. 

Die nächste Karrierestation soll derweil schon feststehen – Kruse möchte in die USA. Dass der Weg zur WSOP und zu weiteren prestigeträchtigen Pokerevents damit ein kürzerer wird, dürfte ein nicht unwesentlicher Faktor für einen Wechsel nach Nordamerika sein. Wenn es so weit kommen sollte, dürfte eines klar sein: Max Kruse werden wir ab dann noch weitaus häufiger am Pokertisch sehen.